Warum so viele vom Auswandern träumen - und was dieser Wunsch wirklich bedeutet

Warum so viele vom Auswandern träumen - und was dieser Wunsch wirklich bedeutet

Alexander Bänfer
von Alexander Bänfer

Zwischen Fluchtgedanken und Neuanfang: Die Psychologie hinter dem Auswanderungswunsch

Hast du dich schon einmal dabei ertappt, wie du am Montagmorgen, eingequetscht zwischen gestressten Pendlern, davon träumst, einfach alles hinter dir zu lassen? Wie du dir vorstellst, in einem kleinen Haus am Meer aufzuwachen, dem Rauschen der Wellen zu lauschen und deinen Tag selbstbestimmt zu gestalten?

Du bist damit nicht allein. Die Sehnsucht nach einem Leben jenseits der aktuellen Grenzen treibt viele Menschen um. Gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten, zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung und des Gefühls, im eigenen Alltag gefangen zu sein, erscheint der Gedanke ans Auswandern wie ein verlockendes Fluchttor.

Als jemand, der diesen Schritt tatsächlich gegangen ist, möchte ich mit dir teilen, was ich auf dieser Reise gelernt habe – und warum der Wunsch zum Auswandern oft für etwas viel Tieferes steht.

Meine eigene Geschichte: Der Sprung ins Ungewisse

Im Jahr 2020 war es soweit: Meine Familie und ich packten unsere Koffer und verließen Deutschland Richtung Schweden. Die Corona-Maßnahmen hatten bei uns das Fass zum Überlaufen gebracht, aber die Gedanken ans Auswandern reichten bereits Jahre zurück. Schon 2015 hatten wir mit dem Gedanken gespielt, Deutschland zu verlassen – damals mit Blick auf das dänische Bildungssystem, das uns für unsere Kinder attraktiver erschien.

Als selbständiger Unternehmer mit drei Telekom-Shops und mehreren Mitarbeitern hatte ich 15 Jahre lang ein Leben geführt, das von außen betrachtet erfolgreich war. Innerlich jedoch wuchs das Gefühl der Rastlosigkeit und der Sehnsucht nach etwas anderem.

Nach der Auswanderung folgte eine Zeit der Neuorientierung. Ich absolvierte eine systemische Coaching-Ausbildung und eine zweijährige integrative Therapieausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie. Besonders die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) eröffnete mir neue Perspektiven.

Heute, fünf Jahre nach dem Umzug, kann ich sagen: Das Leben in Schweden ist anders. Die Natur ist atemberaubend, die Luft ist klar, die Entschleunigung spürbar. Aber – und das ist der entscheidende Punkt – Schweden war nie mein Traumland. Die vollständige Integration in die Kultur fällt mir noch immer schwer.

Und die wichtigste Erkenntnis: Die inneren Herausforderungen, die mich in Deutschland begleitet hatten, sind mir auch nach Schweden gefolgt. Wohin wir auch gehen, wir nehmen uns selbst immer mit.

Was mein Auswanderungs-Quiz enthüllt hat

In den letzten Wochen habe ich ein Quiz zum Thema Auswandern durchgeführt. Die Ergebnisse waren aufschlussreich und bestätigten meine eigenen Erfahrungen:

  • 67% der Teilnehmenden gaben an, sich mit dem Auswandern zu beschäftigen, weil sie "mehr Lebensqualität und Freiheit" suchen
  • Etwa 70% machen sich "Sorgen um politische und gesellschaftliche Entwicklungen" in Deutschland
  • Die Mehrheit der Befragten war sich "noch unsicher, ob sie auswandern sollen"
  • Eine signifikante Gruppe "wünscht sich einen Plan und konkrete To-Dos"

Besonders interessant: Auf die Frage, welches Lebensumfeld zukünftig gewünscht wird, antworteten die meisten "Work-Life-Balance und hohe soziale Sicherheit", dicht gefolgt von "Natur, Ruhe und Nachhaltigkeit".

Diese Antworten zeigen: Es geht selten um einen bestimmten Ort. Es geht um Gefühle und Werte, die wir mit diesem Ort verbinden.

Nachdenken uebers auswandern

Der Auswanderungswunsch als Symbol

Je tiefer ich in die Psychologie des Auswanderungswunsches eintauche, desto klarer wird mir: Was viele Menschen als Sehnsucht nach einem anderen Land interpretieren, ist oft eine symbolische Projektion tieferer Bedürfnisse.

Hinter dem Wunsch "auszuwandern" stehen häufig Sehnsüchte nach:

Freiheit und Selbstbestimmung

Das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen und eigene Entscheidungen treffen zu können, unabhängig von äußeren Zwängen.

Balance und Entschleunigung

Die Vorstellung eines Lebens, in dem Arbeit, Familie und persönliche Zeit im Einklang sind und nicht ständig in Konkurrenz zueinander stehen.

Verbindung zur Natur

Das Bedürfnis, dem Beton und der Hektik der Städte zu entkommen und in stärkerem Kontakt mit natürlichen Umgebungen zu leben.

Authentizität

Der Wunsch nach einem Leben, das stärker mit den eigenen Werten und Überzeugungen im Einklang steht, statt von gesellschaftlichen Erwartungen diktiert zu werden.

Neuanfang

Die Sehnsucht, belastende Aspekte des aktuellen Lebens hinter sich zu lassen und "noch einmal von vorn" beginnen zu können.

Versteh mich nicht falsch: Es gibt durchaus gute Gründe, tatsächlich auszuwandern. Bessere Jobchancen, familiäre Bindungen, politische Sicherheit oder ein angenehmeres Klima können rationale Motivationen sein.

Doch was ich bei vielen Auswanderungsinteressierten beobachte – und auch aus eigener Erfahrung kenne – ist etwas anderes: Eine diffuse Unzufriedenheit mit dem Status quo, gepaart mit der Hoffnung, dass ein Ortswechsel automatisch zu einem erfüllteren Leben führen würde.

Die unbequeme Wahrheit über das Auswandern

Hier kommt die unbequeme Wahrheit: Der geografische Wechsel allein löst selten unsere tieferen Probleme.

Der amerikanische Autor Jon Kabat-Zinn drückt es so aus: "Wherever you go, there you are" – Wohin du auch gehst, dort bist du. Deine Gedankenmuster, Ängste, ungelösten Konflikte und hinderlichen Überzeugungen reisen mit dir, egal wie weit du gehst.

Meine eigene Erfahrung bestätigt dies: Die schwedische Luft zu atmen löst nicht automatisch mein Gefühl innerer Einengung auf. Ein anderes Bildungssystem für meine Kinder macht mich nicht auf magische Weise zu einem gelasseneren Vater. Und das Licht des Nordens erhellt nicht ohne weiteres die dunklen Ecken meines Denkens.

Zudem bringt das Auswandern eigene Herausforderungen mit sich:

  • Den Verlust sozialer Netzwerke und Unterstützungssysteme
  • Sprachbarrieren und kulturelle Missverständnisse
  • Praktische Hürden wie Bürokratie und rechtliche Unterschiede
  • Das Gefühl, nie ganz dazuzugehören

Die Statistiken sprechen eine deutliche Sprache: Der Verein "Deutsche im Ausland e.V." bezieht sich auf OECD-Angaben und spricht davon: "Etwa 40% der deutschen Auswanderer, die in ein anderes Land wollen, würden nach Deutschland zurückkehren."

Bei denen, die bleiben, gibt es viele, die mit einem permanenten Gefühl der Entwurzelung kämpfen.

Die Alternative: Innere Freiheit statt äußere Flucht

Was wäre, wenn die Qualitäten, die du im Ausland suchst, auch in deinem jetzigen Leben erreichbar wären?

Was, wenn du einen Weg fändest, mehr Selbstbestimmung, Balance und Authentizität zu erleben, ohne deine sozialen Bindungen, deine Kultur und deine Sicherheit aufgeben zu müssen?

In meiner Arbeit mit der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) habe ich erfahren, dass dies möglich ist. ACT zeigt uns, wie wir:

  • Mit schwierigen Gedanken und Gefühlen umgehen können, ohne von ihnen kontrolliert zu werden
  • Klarheit über unsere tiefsten Werte gewinnen – das, was uns wirklich wichtig ist
  • Im gegenwärtigen Moment präsent bleiben, statt ständig in Sorgen über die Zukunft oder Grübeleien über die Vergangenheit zu leben
  • Kleine, aber bedeutsame Schritte in Richtung eines erfüllteren Lebens unternehmen – genau dort, wo wir sind

Damit meine ich nicht, dass du den Gedanken ans Auswandern verwerfen solltest. Für manche ist es der richtige Weg. Was ich vorschlage, ist eine tiefere Erforschung der Wünsche und Bedürfnisse, die hinter diesem Gedanken stehen.

Eine einfache Übung: Was verbirgt sich hinter deinem Auswanderungswunsch?

Nimm dir einen Moment Zeit für diese kurze Übung:

  1. Stelle dir vor, du lebst bereits in deinem Wunschland. Sieh die Umgebung, spüre das Klima, höre die Geräusche.
  2. Beobachte, wie du dich fühlst. Welche Emotionen tauchen auf? Erleichterung? Freiheit? Ruhe? Verbundenheit?
  3. Identifiziere die spezifischen Aspekte dieses imaginären neuen Lebens, die diese positiven Gefühle auslösen. Ist es die Nähe zur Natur? Mehr Zeit mit der Familie? Ein entschleunigter Alltag? Weniger finanzielle Sorgen?
  4. Frage dich nun: Könntest du einige dieser Aspekte auch an deinem jetzigen Wohnort in dein Leben integrieren? Welche konkreten Schritte könntest du heute unternehmen, um mehr von diesen Qualitäten zu erleben?

Diese Übung hilft dir, von der Oberfläche (dem Ort) zu den darunterliegenden Werten und Bedürfnissen vorzudringen – dem, was dir wirklich wichtig ist.

Warum "bleiben und wachsen" manchmal mutiger ist als zu gehen

Als wir uns entschlossen, tatsächlich auszuwandern, hörten wir häufig, wie mutig wir doch seien. Ich habe das nie so gesehen. Auswandern hat wenig mit Mut zu tun, vielmehr mit guter Vorbereitung. Und paradoxerweise kann es manchmal mehr Mut erfordern, zu bleiben und die innere Arbeit zu leisten, als alles hinter sich zu lassen.

Ein Ortswechsel bietet die Illusion eines Neuanfangs – eines weißen Blattes, auf dem wir unsere Geschichte neu schreiben können. Doch wahre Transformation beginnt im Inneren.

"Der größte Umbruch in unserem Leben ist die Entdeckung, dass wir unsere Einstellung ändern können."

Der Philosoph und Psychologe William James sagte einmal: "Der größte Umbruch in unserem Leben ist die Entdeckung, dass wir unsere Einstellung ändern können." Diese innere Umstellung erfordert Mut, Beharrlichkeit und die Bereitschaft, sich mit schwierigen Gefühlen und Gedanken auseinanderzusetzen.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Die wahre Freiheit liegt nicht in der Abwesenheit von Einschränkungen, sondern in unserer Fähigkeit, inmitten dieser Einschränkungen ein Leben zu führen, das unseren tiefsten Werten entspricht.

Ein Plädoyer für bewusste Entscheidungen

Versteh mich nicht falsch: Ich plädiere nicht gegen das Auswandern. Für manche ist es genau der richtige Schritt.

Mein Anliegen ist vielmehr, dass wir unsere Entscheidungen bewusst treffen – aus Klarheit statt aus Fluchtimpulsen heraus.

Wenn du mit dem Gedanken spielst auszuwandern, stelle dir folgende Fragen:

  • Welche Werte und Bedürfnisse versuche ich durch einen Ortswechsel zu erfüllen?
  • Welche dieser Bedürfnisse könnte ich auch hier befriedigen?
  • Welche konkreten Aspekte meines jetzigen Lebens möchte ich wirklich zurücklassen?
  • Was erhoffe ich mir realistischerweise von einem Leben anderswo?

Bin ich bereit, mich den Herausforderungen zu stellen, die ein Neuanfang in einem fremden Land mit sich bringt?

Die ehrliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen kann dir helfen, eine fundierte Entscheidung zu treffen – sei es für das Bleiben und Neugestalten deines jetzigen Lebens oder für den Schritt in die Fremde.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Punkt, an dem du jetzt stehst, und dem, an dem du sein möchtest?

Diese Frage stelle ich all meinen Klienten, unabhängig davon, ob sie mit Auswanderungsgedanken spielen oder nicht. Sie führt uns zum Kern dessen, was uns bewegt und antreibt.

Wenn es diesen Unterschied gibt – und für die meisten von uns ist das der Fall – dann liegt die eigentliche Frage nicht in dem "Wohin" des Weges, sondern in dem "Wie" des Voranschreitens.

  • Fühlst du dich manchmal gefangen in deinem Alltag und sehnst dich nach einem Neuanfang?
  • Bist du es leid, dass dein Leben nur aus Arbeit, Stress und immer den gleichen Problemen besteht?
  • Fühlst du dich zunehmend machtlos gegenüber dem, was um dich herum geschieht?

Wenn du dich in einer dieser Fragen wiedererkennst, dann könnte der Weg zu mehr Freiheit und Selbstbestimmung näher liegen, als du denkst – vielleicht nicht auf der anderen Seite eines Ozeans, sondern im Hier und Jetzt deines Lebens.

Ein Weg nach innen – und dann nach vorn

In meiner Arbeit begleite ich Menschen dabei, ihren ganz persönlichen Weg zu mehr Selbstbestimmung und innerer Freiheit zu finden. Manchmal führt dieser Weg tatsächlich in ein neues Land, oft aber zu einer neuen Perspektive auf das bestehende Leben.

Der Prozess beginnt mit dem Erkennen dessen, was uns wirklich wichtig ist, setzt sich fort mit dem Akzeptieren schwieriger Gedanken und Gefühle und mündet in bewusstes Handeln im Einklang mit unseren Werten.

Es ist kein schneller Ausweg. Es verspricht keine perfekte Welt ohne Probleme. Aber es eröffnet einen Weg zu echter Veränderung, die von innen kommt und daher nachhaltiger ist als jeder Ortswechsel.

Deine Reise beginnt hier

Wenn dich dieser Ansatz anspricht und du mehr darüber erfahren möchtest, wie du mehr Selbstbestimmung und innere Freiheit in deinem Leben finden kannst – ob du nun mit dem Gedanken spielst auszuwandern oder nicht – dann lade ich dich ein, den ersten Schritt zu tun.

Ich habe einen kostenlosen 5-teiligen E-Mail-Kurs entwickelt, der dir praktische Werkzeuge an die Hand gibt, um:

  • Hinderliche Gedankenmuster zu erkennen und dich von ihnen zu lösen
  • Klarheit über deine eigenen Werte zu gewinnen
  • Trotz Unsicherheit und Angst werteorientierte Schritte zu gehen
  • Mehr innere Freiheit zu erleben – genau dort, wo du bist

Hier klicken, um dich für den kostenlosen E-Mail-Kurs anzumelden

Oder vereinbare ein kostenloses 30-minütiges Gespräch mit mir, in dem wir gemeinsam erkunden können, welche Art von Veränderung für dich gerade wichtig ist.

Alexander Bänfer
Alexander Bänfer
Auswanderer, Ehemann, Vater, Unternehmer, systemischer Coach, ACT-Verfechter, Heilpraktiker für Psychotherapie i.A.

Newsletter

Schließe dich über 1.000 smarten Abonnenten an, die wöchentlich unseren Newsletter erhalten. Kostenlos und jederzeit abbestellbar.
Deine Daten sind sicher. Hier ist unsere Datenschutzerklärung.

Noch keine Kommentare vorhanden

Was denkst du?

© 2025 Digitalgenuss UG
KontaktDatenschutzImpressum
..